DIVaN am Strand

Josef Foglszinger hat uns ein beeindruckendes Referat gehalten, das hier auszugsweise wiedergegeben wird, bzw. im vollen Umfang heruntergeladen werden kann. Dank qualifizierter Publikumsbeiträge entstand eine spannende Diskussion.

Auszug aus Josef Foglszingers Referat:

Energiewende

Fast alle wissen es schon, wahrhaben will es fast niemand: Die Energieversorgung unserer Industriegesellschaften ist ein Auslaufmodell. Ob in 20, 50 oder ein paar mehr Jahren, irgendwann sind die Vorräte an Öl, Erdgas, Kohle zu Ende oder soweit aufgebraucht, dass der Energieverbrauch zur Förderung höher ist als der anschließende Energiegewinn. (Quelle 1)

Vielleicht noch schlimmer: Der unter der Erde ehemals sicher eingeschlossener Kohlenstoff befindet sich nun als Treibhausgas CO2 in unserer Atmosphäre.

Statt rund 280 ppm vor der Industrialisierung sind es jetzt bereits über 400 ppm. Die Folgen für unser Weltklima sind überwiegend bekannt und anerkannt.

Die Reduktionsbeschlüsse der bisherigen Klimakonferenzen erwiesen sich bisher als wirkungslos.

Eine „Energiewende“ ist unvermeidlich, die Frage ist nur: Versuchen wir, diese Energiewende zu steuern, oder lassen wir sie einfach passieren – mit wahrscheinlich unabsehbaren, katastrophalen Folgen: (Quelle 2)

• Unsere industrialisierte Landwirschaft erzeugt Nahrungsmittel mithilfe von Öl und ein bisschen Sonnenlicht. Pro Nahrungskalorie werden etwa 6 Kalorien Erdöl- und Erdgasprodukte benötigt. Wie und was sollen wir essen, wenn es keine Öl mehr gibt?
• Die meisten Medikamente sind Produkte der Petrochemie. Die Regenwälder mit vielen unentdeckten und unerforschten (Arznei)pflanzen holzen wir ab
• Unser Transportsystem hängt fast ausschließlich am Erdöl.
• Kunststoffe (Isolierung von Elektrokabeln, Elektrogehäuse, Kleidung, Verpackungen, Baustoffe, Farben und Lacke, Möbel, Küchengeräte, ....)
• werden aus Erdöl hergestellt.
• Fast alle technischen Prozesse (z.B. Kochen am Elektro- oder Gasherd) beziehen die nötige Energie aus fossilen Quellen.

„Na ja, so schlimm wird es nicht kommen, und wenn, dann werden unsere Kinder und Enkel schon eine Lösung finden ...“ sagen wir heute und fast mit gleichem Atemzug: „Unsere Kinder sollen es mal besser haben!“

Die werden sich jedoch bedanken!

Die Frage ist also nicht, ob die Energiewende kommt. Die Frage ist, ob wir es schaffen, aus unserer ach so komfortablen Sackgasse einigermaßen unbeschadet herauszukommen. Dazu müssen wir unsere Energieversorgung (und natürlich auch die Rohstoffversorgung, aber das ist eine andere, nicht minder anspruchsvolle Baustelle) zu 100% auf erneuerbare und umweltfreundliche Quellen umstellen.

So schnell wie es irgend geht.

Zu diesen regenerativen, also erneuerbaren Energiequellen sollen im Folgenden einige Aspekte besprochen werden.

Energetische Amortisation:

Kann ein Solarmodul oder ein Windrad im Laufe seiner Gebrauchsdauer soviel Energie aus Sonne oder Wind ernten. wie zur Herstellung aufgewendet wurde?

Für die Photovoltaik, also die direkte Erzeugung elektrischer Energie aus Sonnenlicht über Solarzellen/Solarmodule heißt es bei Wikipedia:

Für südeuropäische Standorte liegt die Energierücklaufzeit (2011) zwischen 0,8 bis 1,5 Jahren für Dünnschichttechnologien und etwa 1,7 Jahren für Anlagen auf Basis mono- und multikristalliner Solarzellen. (Quelle 3)

Der Autor betreibt eine PV-Anlage seit 1987 (kurz nach Tschernobyl...). Die Module haben bis heute (August 2013) keinen messbaren Leistungsrückgang. Die Garantiezeit betrug damals 10 Jahre. Jetzt sind 25 Jahre Leistungsgarantie üblich.

Windenergieanlagen:

“ Während erste Untersuchungen aus der Pionierzeit der Windenergienutzung (1970er und frühe 1980er Jahre), beruhend auf unausgereiften Testanlagen, durchaus den Schluss zuließen, dass eine energetische Amortisation kaum möglich ist, belegen zahlreiche Studien seit Ende der 1980er Jahre, dass sich die heutigen, ausgereiften Serienanlagen in wenigen Monaten energetisch amortisieren.“ (Quelle 4)

Flächenbedarf:
Während ein Liter Heizöl einen Energieinhalt von ca. 10 kWh hat, erntet 1 m² einer PV-Anlage in Deutschland gerade mal 120 bis 150 kWh, je nach Standort. Reicht das?

In einem Schulprojekt wurde für die erneuerbaren Energiequellen

• Photovoltaik (PV)

• Solarthermie

• Windkraft

• Pflanzenöl

der Flächenbedarf für die Vollversorgung der Menschheit abgeschätzt. Speicherverluste u. ä. wurden nicht berücksichtigt. Es ging in erster Linie um die Größenordnungen. Die vollständigen Ergebnisse sind im Anhang dargestellt.

Zwei Dinge sind deutlich zu sehen:

• Pflanzenöl und mithin Biomasse ist sowohl
  weltweit als auch für Deutschland keine
  Option. Ebenso ist Biogas lediglich eine
  Ergänzung und sollte nur aus Abfall-
  und Reststoffen erzeugt werden.
  Wir brauchen die Böden für unsere Ernährung.

• Industrieländer mit so hohem spezifischem
  Energieverbrauch wie Deutschland werden
  künftig einen hohen Flächenanteil für
  die Energiebereitstellung vorhalten müssen
  oder sie müssen Energie – wie bisher –
  importieren. Die Frage wird dann sein:
  Wozu, zu welchen Kosten,woher?

Dennoch legen die errechneten Zahlen nahe, dass eine Energie-Vollversorgung ohne fossile Energieträger realistisch ist.
Auch wenn man von steigenden Verbräuchen ausgeht (was – trotz China
und Indien - nicht ausgemacht ist) oder Mehrbedarf für Speicher-, Umwandlungs- und Transportverluste, sieht das Ganze machbar aus.
Man muss es aber machen. Es kommt nicht von selbst.

Verzeichnis der Quellen:

¹⁾ Studie der „ENERGY WATCH GROUP“
http://energywatchgroup.org/fileadmin/global/pdf/EWG-update3012_kurz-dt_22_03_2013.pdf
²⁾ Interessant, informativ und kurzweilig zu lesen: Andreas Eschbach: „AUSGEBRANNT“
ISBN 978-3-404-15923-9
³⁾ https://de.wikipedia.org/wiki/Energierücklaufzeit#Photovoltaikanlagen

⁴⁾ https://de.wikipedia.org/wiki/Energierücklaufzeit#Windkraftanlagen

⁵⁾“Das Solarbuch“ Walter Witzel, Dieter Seifried ISBN 3-936896-02-X

⁶⁾ Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie: „Energiedaten gesamt 2013“ Tabelle 20

⁷⁾ Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie: „Energiedaten gesamt 2013“ Tabelle 31a

⁸⁾ Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie: „Energiedaten gesamt 2013“ Tabelle 36

⁹⁾ taz, 3.8.2013 S6: „Das Beispiel für alle“ zur drohenden Insolvenz von SOLARWORLD

¹⁰⁾ Offener Brief von Franz Alt an Peter Altmaier http://www.sonnenseite.com/Politik,Das+Maerchen+vom+teuren+Oekostrom,95,a25647.html

¹¹⁾afw: Deutscher Außenhandel 2008: ...
http://www.akademie-welthandel.de/downloads/2009/aussenhandel-deutschland2008.pdf